Welches sind die häufigsten Ursachen für unerfüllten Kinderwunsch bei Frauen?

Häufig finden sich bei der genaueren Untersuchung Ihres Kinderwunsches immer wieder bestimmte weibliche und männliche Faktoren, die zu Ihrem unerfüllten Kinderwunsch mehr oder weniger beitragen. Die weiblichen Ursachen sind im Wesentlichen in drei Gruppen einteilbar:

  1. Störungen der Eizellreifung
  2. Behinderungen des Transports der Eizelle, des Embryos oder der Spermien
  3. Erschwernisse bei der Einnistung des Embryos

Syndrom der polyzystischen Ovarien

Zyklusstörungen (meist verlängerte Zyklen ohne Eisprung) sind das Leitsymptom des PCO-Syndroms. Es ist damit die häufigste Hormonstörung und betrifft 5 -10 % aller Frauen im gebärfähigen Alter. Im Ultraschall kann meist als Folge der gestörten Eizellreifung eine erhöhte Anzahl früher Eibläschen mit einer bereits kleinen Eibläschenhöhle (antrale Follikel) dargestellt werden, die insgesamt zu einer Vergrößerung der Eierstöcke führt. Häufig findet sich eine Erhöhung der männlichen Hormone (Hyperandrogenämie).

Gemäß den Rotterdam Konsensus Kriterien der europäischen und amerikanischen Reproduktionsmediziner liegt ein PCO-Syndrom vor, wenn zwei der drei folgenden Kriterien erfüllt werden.

Nachweis vermehrter männlicher Hormone im Blut oder Nachweis einer erhöhten männlichen Hormonwirkung (z. B. vermehrte männliche Behaarung, Akne oder Haarausfall)
Verlängerung des Blutungsintervalls > 35 Tage (Oligomenorrhoe) oder Ausbleiben der Monatsblutung (Amenorrhoe)
Mindestens ein Eierstock mit mehr als 12 Eibläschen oder deutliche Vergrößerung eines Eierstocks > 10 ml

Neben diesen drei Kernsymptomen zeigen sich bei einem PCO-Syndrom und adipösen Frauen  häufig eine Beeinträchtigung des Zuckerhaushaltes (Insulinresistenz) und eine Erhöhung des Hormones LH.

 

Nachlassen der Eierstockfunktion

Frauen werden mit allen ihren Eizellen geboren und verbrauchen diese bis zu den Wechseljahren nahezu komplett. Mit dem Erlöschen der Eierstockfunktion (im Mittel um das fünfzigste Lebensjahr) kommt eine Frau mit der letzten vom Eierstock gesteuerten Blutung in die Menopause. Erlischt die Funktion der Eierstöcke vor dem vierzigsten Lebensjahr, wird von einer vorzeitigen Menopause gesprochen. Neben genetischen Gründen und familiär gehäuftem Auftreten können für das vorzeitige Erlöschen der Eierstockfunktion auch eine Chemotherapie oder Bestrahlung, Autoimmunerkrankungen, schwere Infektionen, größere Operationen der Eierstöcke, Endometriose aber auch Lebensgewohnheiten wie starkes Rauchen ursächlich sein.

Hinweise für ein Nachlassen der Eierstockfunktion sind Abweichungen des Blutungsintervalls mit verkürzter oder verlängerter, teils stark schwankender, Zyklusdauer sowie das Auftreten von Schmierblutungen zu Beginn und Ende der Menstruation. Ist der Verlust der Eierstockfunktion bereits weiter fortgeschritten, kann es zu einem Ausbleiben der Monatsblutung oder zyklusunabhängigen Dauerblutungen kommen. Der Ultraschall zeigt typischerweise bereits verkleinerte Eierstöcke mit einer verminderten Anzahl von Eibläschen. Ist die Eierstockfunktion bereits weitergehend gestört, findet man keine Hinweise für eine Eizellreifung mit einer verminderten Dicke der Gebärmutterschleimhaut.

Da für den weiblichen Körper die Bildung von Eizellen für den Zyklus nun schwieriger wird, steigt bei den Hormonwertbestimmungen die FSH-Konzentration zu Zyklusbeginn an, wobei insbesondere Werte jenseits der 15 U/L auf eine deutlich reduzierte ovarielle Reservekapazität hinweisen.

Auch die Bestimmung des  Anti-Müller-Hormones (AMH) zur Abschätzung der ovariellen Reservekapazität sinnvoll. Sehr niedrige Werte deuten auf eine verminderte Anzahl der in den Eierstöcken insgesamt verfügbaren Eizellen hin, sagen aber im Wesentlichen wenig über die Eizellqualität aus.

Endometriose

Bei einer Endometriose kommt es außerhalb der Gebärmutter zur Absiedelung von Zellen, welche denen der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) ähneln. Dadurch kann es zu einer Einschränkung der Fruchtbarkeit kommen. Betroffen von einer Endometriose sind vor allem die weiblichen Organe im Beckenbereich. Endometriosezellen können sich aber auch in weiter entfernt liegenden Organen zeigen. Die Ursachen für die Entstehung einer Endometriose sind wissenschaftlich noch nicht umfassend geklärt, wobei viele Endometrioseherde durch einen rückwärtigen Abfluss der Monatsblutung durch die Eileiter in den Unterleib erklärt werden könnten. Insbesondere, wenn diese Endometrioseherde zyklisch wachsen und bluten, kommt es dabei zu einem chronischen, entzündlichen Reiz, welcher sehr schmerzhaft sein kann. Ca. 5 bis 15% aller Frauen zwischen 15 und 45 Jahren und ca. 25 bis 50% aller Kinderwunschpatientinnen haben eine Endometriose, womit die Endometriose die zweithäufigste gutartige, gynäkologische Erkrankung ist.

Typischerweise klagen Frauen mit einer Endometriose in der Anamnese über starke, teils in den Bauch, Rücken oder in die Beine ausstrahlende Schmerzen schon vor und während der Menstruation, welche gehäuft eine medikamentöse Schmerztherapie notwendig machen. Typisch sind auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.

Sind Darm und Blase mitbetroffen können auch die Darm- und/oder Blasenentleerung schmerzhaft sein. Anderseits können Frauen mit einer Endometriose auch keine Beschwerden aufweisen, so dass diese als Zufallsbefund im Rahmen eines operativen Eingriffs im Bauchraum diagnostiziert wird.

Typische Untersuchungen bei Endometriose

Die Möglichkeiten einer Diagnostik der Endometriose mit Hilfe der körperlichen Untersuchung bzw. des Ultraschalls sind eher begrenzt und vor allen bei einem größeren Ausmaß hinweisend. So können gegebenenfalls bei der vaginalen Untersuchung Endometrioseherde in der Scheide, tastbare Knoten oder durch Verwachsungen bedingte Lageveränderungen der meist schmerzhaft vergrößerten Gebärmutter festgestellt werden. Beim vaginalen Ultraschall können größere Endometrioseherde bei Befall der Eierstöcke oder bei Befall des Enddarmes festgestellt werden.

Beweisend für die Diagnose einer Endometriose ist letztendlich die Durchführung einer operativen Bauchspiegelung möglichst mit Sicherung der Diagnose mittels Gewebegewinnung aus den Endometrioseherden. Basierend auf den Ergebnissen der Bauchspiegelung erfolgt eine Einteilung der Endometriose entsprechend einer europäischen oder amerikanischen Klassifikation in verschiedene Stadien, welche die Ausdehnung und/oder das Ausmaß der Gewebebeteiligung widerspiegeln.

Einschränkungen der Eileiterfunktion

Für eine natürliche Befruchtung und Einnistung des Embryos in die Gebärmutter ist die Durchgängigkeit und regelrechte Funktion der Eileiter eine Grundvoraussetzung. Störungen der Eileiterfunktion sind eine häufige Ursache bei unerfülltem Kinderwunsch. Neben der eingeschränkten Fruchtbarkeit besteht zudem ein deutlich erhöhtes Risiko für das Entstehen einer Eileiterschwangerschaft.

Der Verdacht auf eine Störung der Eileiterfunktion ergibt sich oft aus der Anamnese. So ist das Risiko für eine Schädigung der Eileiter insbesondere erhöht bei Frauen mit vormaligen Eileiterschwangerschaften und bei Frauen mit Hinweisen auf frühere Entzündungen der Eileiter (z.B. Chlamydien). Weitere anamnestische Hinweise für eine Schädigung der Eileiter sind Voroperationen im Bauchraum, eine Endometriose oder ein Nikotinabusus.

Die körperliche Untersuchung ist selten zielführend. Auch im normalen vaginalen Ultraschall ohne Kontrastmittel können oft nur grobe Auftreibungen der Eileiter (Hydro- oder Saktosalpinx) oder Verlegungen der Eileiter durch Myome erkannt werden. Geeignet zur Abklärung der Eileiter sind zum einen die Bauchspiegelung oder die Ultraschallkontrastmitteluntersuchung. Welches der beiden Verfahren zur Abklärung der Eileiterdurchgängigkeit Anwendung findet, sollte im Dialog mit der Patientin entschieden werden.

Beide Verfahren können jedoch nur die Durchgängigkeit der Eileiter überprüfen und liefern kaum Informationen über die Eileiterbeweglichkeit oder die Eileiterschleimhaut.

Wiederholte Fehlgeburten

Trotz einer erfolgreichen Befruchtung der Eizelle kommt es im Normalfall nur in etwa 30% der Fälle am Ende zu einer Lebendgeburt.

Nicht immer entwickelt sich aus der Verschmelzung einer Ei- und einer Samenzelle ein gesunder Mensch. Die meisten Fehlgeburten werden durch eine grundlegende Störung bei der Befruchtung oder bei der Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter verursacht. Auch bei Unregelmäßigkeiten im „Bauplan“ des Embryos ist die Entwicklung gestört. Man vermutet, dass etwa die Hälfte aller Frühschwangerschaften unbemerkt endet, weil der Embryo nicht überlebensfähig gewesen wäre. Es tritt dann eine Blutung ein, die wie die normale oder etwas verspätete Monatsblutung erscheint. Von allen festgestellten Schwangerschaften enden 11 bis 15 Prozent mit einer Fehlgeburt. Etwa ein Prozent aller Paare mit Kinderwunsch erleben drei oder mehr Fehlgeburten, die in der Fachsprache „habituelle Aborte“ genannt werden.
Viele – insbesondere frühe – Fehlgeburten stellen einen „Schutzmechanismus“ der Natur dar und basieren oft auf genetischen Ursachen. Meist findet man zufällige Fehler in der Chromosomenzahl, Chromosomenstruktur oder in einzelnen Genen des Embryos, die bei den Eltern nicht vorliegen. Weisen jedoch die Eltern genetische Störungen auf, kann eine erhöhte Fehlgeburtsrate resultieren.

Störungen des Gerinnungssystems, hormonelle Regulationsstörungen, Autoimmunerkrankungen, Veränderungen in der Gebärmutter, Infektionen des Genitaltraktes, Genussmittelmissbrauch (z. B. Alkohol, Rauchen, Drogen) und Stoffwechselerkrankungen können zu gehäuften Fehlgeburten führen. Vielfach scheinen Fehlgeburten auch nicht durch einzelne Faktoren ausgelöst werden, sondern sind vielmehr das Resultat einer Vielzahl einzelner kleinerer Ursachen.

Anamnestische Hinweise für insbesondere frühe Fehlgeburten beinhalten gelegentliche Verspätungen der Monatsblutung vor allem in Kombination mit einer für die Patientin außergewöhnlich starken Menstruation. Gehäuft finden sich in der Anamnese Hinweise für Autoimmunerkrankungen, Noxenexpositionen, genetische Auffälligkeiten in der Familie oder systemische Stoffwechselerkrankungen.

Die körperliche Untersuchung ist selten zielführend. Zur vaginalen Untersuchung gehören insbesondere die Untersuchung auf Infektionen von Scheide und Muttermund inklusive der Chlamydiendiagnostik. Auch im normalen vaginalen Ultraschall können Beeinträchtigungen im Bereich der Gebärmutter wie Myome, Polypen oder Fehlbildungen erkannt werden. Da kleinere Verwachsungen oder Anlagestörungen nicht zuverlässig mit dem Ultraschall diagnostiziert werden können, ist eine Gebärmutterspiegelung sinnvoll.

Auch eine Hormonanalyse und eine Untersuchung auf mögliche Gerinnungsstörungen werden durchgeführt. Mittels einer einfachen Blutentnahme sind inzwischen auch eine Vielzahl von genetischen Untersuchungen möglich.

Veränderungen im Bereich der Gebärmutter

Veränderungen im Bereich der Gebärmutter sind bei 5 bis 15% der Frauen ursächlich am unerfüllten Kinderwunsch beteiligt. Ungenügender Schleimhautaufbau oder -umbau, Fehlbildungen der Gebärmutter, Polypen oder Myome können je nach Lage zu Störungen der Gebärmutterfunktion zu Befruchtungs- und Einnistungsstörungen oder Fehlgeburten führen.

Abweichungen des Blutungsintervalls von der Norm deuten schon anamnestisch auf eine Störung der Eizellreifung als Ursache eines unzureichenden Schleimhautaufbaus oder -umbaus hin.  Wiederholte oder intensivierte Ausschabungen der Gebärmutter, vormalige Myomoperationen, gehäufte Infektionen des Genitaltraktes und auch Blutungsstörungen in Form von verstärkter und verlängerter Menstruation weisen auf Störungen im Aufbau der Gebärmutterschleimhaut oder in der Struktur der Gebärmutter hin

Der allgemeine gynäkologische Untersuchungsbefund ist bei Veränderungen der Gebärmutterfunktion oder des -aufbaus häufig unauffällig.

Mit Hilfe des Ultraschalls können jedoch viele angeborene und erworbene Formveränderungen der Gebärmutter und der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut in den verschiedenen Zyklusphasen beurteilt werden.

Verwachsungen der Gebärmutterschleimhaut oder dünne Trennwände innerhalb der Gebärmutter können dagegen meist nur mittels der Gebärmutterspiegelung gefunden werden.

Störung der Regulation der Eierstockfunktion

Die zentrale Steuerung der Hormone der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) erfolgt von einem übergeordneten Hirnzentrum (Hypothalamus) aus. Bei angeborenen Störungen oder als Folge von Verletzungen oder Tumoren im Bereich der Hirnanhangdrüse können die Hormone ganz oder teilweise ausfallen, was nachfolgend zur Verminderung der Hormonproduktion der Eierstöcke, Schilddrüse und Nebennieren führen kann. Wesentlich häufiger ist aber ein Ausfall der zentralen Steuerung der Eierstöcke mit nachfolgender Eizellreifungsstörung durch ein deutliches Untergewicht, exzessiven Stress oder Leistungssport.

Bei der Diagnostik ist in erster Linie die Anamnese und anschließend eine detaillierte hormonelle Untersuchung zielführend.

Schilddrüsenfunktionsstörungen

Schilddrüsenüber- oder -unterfunktionen sind ausgesprochen häufig und finden sich bei etwa einem Drittel der deutschen Frauen. Die Anzeichen von Schilddrüsenerkrankungen sind vielfältig und abhängig von Dauer und Ausprägung der Fehlfunktion. Gynäkologische Auswirkungen von Beeinträchtigungen der Schilddrüsenfunktion reichen von leichten Zyklusstörungen über Einschränkungen der Fruchtbarkeit bis hin zu einer erhöhten Abortneigung. Wie auch bei den Eierstöcken erfolgt die Regulation der Schilddrüsenfunktion durch das übergeordnete Hirnzentrum, welches an der Hirnanhangsdrüse die Ausschüttung von TSH reguliert. Dieses wirkt an der Schilddrüse und steuert dort die Aufnahme von Jod sowie die Produktion und Ausschüttung der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Liegen die Endhormone noch im Normbereich, wird je nach Höhe des TSH-Spiegels von einer kompensierten (latenten) Hypothyreose (TSH erhöht) oder Hyperthyreose (TSH erniedrigt) gesprochen. Sind auch die Endhormone erniedrigt (Hypothyreose) oder erhöht (Hyperthyreose), spricht man von einer manifesten Schilddrüsenfunktionsstörung.

Bei den Hormonwertuntersuchungen ist die Bestimmung des zyklusunabhängigen TSH-Wertes im Blut der sensibelste Parameter für die Beurteilung der Schilddrüsenfunktion und gehört zur Basisdiagnostik des unerfüllten Kinderwunsches, der Diagnostik in der Schwangerschaft und bei wiederholten Aborten. Bei vermuteten Schilddrüsenfunktionsstörungen und in der Schwangerschaft sollten auch das freie T3 und freie T4, sowie bei Verdacht auf eine autoimmune Schilddrüsenfunktionsstörung auch die TPO-Antikörper als Hauptmarker einer Hashimoto-Thyreoiditis und die TRAK-Antikörper als Hauptmarker des Morbus Basedow bestimmt werden. Die weitere Abklärung der Schilddrüsenerkrankungen umfasst die Schilddrüsensonographie und die Schilddrüsenszintigraphie, die durch entsprechend spezialisierte Zentren erfolgen.